21.07.2021

 

Sehr spannend
 

Hier geht es heute etwas lebhafter am Markt zu, die Läden haben geöffnet. Ich bin jetzt innerhalb von 5 min an gefühlt 50 Schuhläden vorbei gegangen, die alle die gleichen Sachen verkaufen. Leider keine europäischen Marken, denn da bin ich Snob. Ich hätte vielleicht meine Standardmarke in Sachen Turnschuhen hier käuflich erworben, denn die laufe ich eh immer ab. Aber hier sind nachgebaute Nikes das Beste was man sehen kann. Ach ja, dann gibt es noch 50 Bekleidungsgeschäfte, zwischendurch kann man Obst und Gemüse kaufen oder Mate-Gefäße. Ich frag mich, wer das alles kauft? Aber es muss einen Markt geben, sonst wären nicht so viel Menschen hier und würden sich den Arsch abfrieren, denn es ist im Moment ziemlich kalt, ist ja auch Winter, nicht vergessen.

Der Unterschied zwischen Einkaufen bei uns und Einkaufen zu hier, wenn man in einen Laden geht muss man sich freuen, dass ein Verkäufer kommt, hier muss man versuchen dem Verkäufer zu entkommen.

Jetzt habe ich das gefunden, was ich kaufen wollte, eine neue Taschenlampe mit Laser und einem kleinen Schutzmechanismus, wenn man in unguten Gegenden allein im Dunkeln unterwegs ist, man weiß ja nie.

Ach ja, es hat geholfen, dass ich den Preis kannte den Simon dafür in Caaguazu bezahlt hat, hier sollten es doch gleich 10.000 Guaranies mehr sein. Ich habe dann den Preis aus Caaguazu bezahlt, alles andere muss nicht sein.

Auch hier auf der Aussenfläche rennen die meisten, eigentlich fast alle mit Maske rum, manche haben sie unter der Nase, die meisten aber auf der Nase. Ich falle wie üblich wieder unangenehm, bzw. auf, naja, groß und blond fällt sowieso auf.

Wobei ich davon ausgehe, dass manche die Maske wegen der schweren Kälte tragen, das wäre nämlich für mich fast ein Grund, mir meinen Schal über die Nase zu ziehen, es ist immer noch bitter kalt im Schatten.

Man trifft hier schon sehr, sehr, sehr seltsame Menschen. Man kann alles kaufen, von der Dewald Bohrmaschine, über die Ehemann Entsorgungsmaschine, sprich Pistolen, zu allen möglichen und unmöglichen Klamotten die kein Mensch braucht. Ich wiederhole mich, aber offensichtlich gibt es Käufer dafür, ich bin fasziniert.

Hier gibt es überall Motorradtaxis, ich ziehe doch eine Fortbewegung per Auto vor. Sie haben aber schön brav einen Helm für ihre Mitfahrer mit dabei.

Hier sind aber nicht nur brasilianische Käufer, nachdem was ich so höre, sind auch brasilianische Verkäufer, Händler auf dem Markt, zumindest wenn ich ihnen zuhöre und bemerke, dass ich nichts verstehe.

Wenn einen die Verkäufer nicht gerade belästigen, sitzen sie da die Jungen, schauen auf ihr Handy, die Alten schauen ins Nichtsoder unterhalten sich mit ihrem Standnachbarn, irgendwie nicht ganz anders als bei uns.

An allen Ecken und Enden gibt es Taxistände, mit dem Auto oder dem Motorrad, aber eigentlich stehen die meisten Männer nur rum und warten auf Kundschaft, denn ich sehe nicht viele Taxis fahren.

Hier fuhr gerade ein Auto an mir vorbei. „Veinticinco Bananas por cinco mil“ also „25 Bananen für 5.000 Guaranies“, 25 Bananen für 1,20 Euro. Da kann man schon von Satt werden. Bananen sind geeignet, sehr arme Leute satt zu machen in diesem Land.

Eine Information auf die man nicht verzichten kann, eine Pediküre in Paraguay, Ciudad Villa d'Este kostet 3 Euro. Ich sage ja, eine unverzichtbare Information, und ich habe wieder Füße wie ein Babypopo. Naja, ich hatte mir einfach einen Zehennagel eingerissen und der tat verdammt weh und ich hatte nicht die passende harte Nagelschere bei mir. Also habe ich gedacht, ich frage was eine Pediküre kostet, und für 25.000 Guaranies hab ich es mir dann gegönnt.

Das eigentlich interessante an dieser Information, ausser dass ich jetzt wieder schmerzfreier laufen kann, ist, dass es einen Eindruck über die Preise gibt, 25.000 Guaranies sind etwas mehr als 3 Euro, mit Dienstleistung verdient man hier nicht sehr viel Geld. Reich wird man in Paraguay nicht, aber man kann davon leben, und mit genau 25.000 Guaranies 5x 25 Bananen kaufen, die einen sehr lange satt machen.

Im Moment weiß ich nicht, ob ich es gut oder schlecht finde, aber beim Salto Monday zahlt man als Ausländer den dreifachen Preis, statt 25.000 Guaranies zahlt der Ausländer 65.000 Guaranies. Ist irgendwie ganz angebracht bei den niedrigen Einkommen, aber irgendwie mag ich das auch nicht. Na gut, was soll's? Ich kann mir die 10 Euro leisten, also tut es nicht wirklich weh. Ja, ich habe mich entschlossen zu den Salto Monday zu fahren und nicht zu den Wasserfällen von Yguazu. Ich pack das einfach mental nicht über die Grenze zu gehen.

Ein bißchen komisch ist es schon, hier an den Wasserfällen zu sein und sich zu überlegen was gerade in Deutschland mit Wasser passiert ist, und dann hier die Schönheit genießen und zu wissen, wie gruselig die Wasserkraft eigentlich sein kann, das hat man ja in Deutschland wieder gesehen. Aber gut, so ist es, Licht und Schatten, Schönheit und Grauen. Der kleine Bruder Salto Monday ist wunderschön und ich vermisse es nicht woanders nicht gewesen zu sein, sondern ich bin sehr dankbar hier gewesen zu sein. Ist doch OK so.

Was mich fasziniert sind die scheinbaren Überreste einer Brücke. Wie sind diese Stahlbetonteile über den Fluß gekommen? Aber gut, muss ich nicht verstehen.

Dank netter Paraguayer und Brasilianer gibt es unfassbar viele Photos von mir und diesem mia dor, Selfies sind ja sonst nicht meins, aber in dem Fall war das einfach nur nett. Menschen sind hier einfach ungeheuer freundlich und hilfsbereit, gehen auf Fremde zu, wenn sie sehen, dass du allein bist helfen sie dir und helfen dir weiter, selbst an solch touristischen Punkten.

Mein Eindruck das Ciudad Villa d'Este eine arme Stadt ist verstärkt sich bei jedem Spaziergang. Auch der Taxifahrer mit ich zum Salto gefahren bin, hat mir das bestätigt. Er führt das auf die extrem korrupte Regierung , das extrem korrupte System und natürlich auch auf die Pandemie zurück. Letzten Endes hat er heute noch kaum Fahrten, früher gan es viele Fahrten nach Brasilien zu den Wasserfällen, zum Salto Monday, das ist jetzt alles weggefallen, weil kaum Touristen mehr in der Stadt sind. Das macht natürlich arm.

Inzwischen habe ich zahllose „Salon de Bellesas“, also Schönheitssalons gesehen, wo man Haare schneiden, Maniküren, Pediküren und ähnliche Dinge machen lassen kann. Ich glaube, ich war eine der wenigen Kundinnen der jungen Frau heute morgen und genauso verhält sich das wohl mit allen Läden hier. Die Taxifahrer haben nichts zu tun, die Verkäufer haben nichts zu tun, es einfach die touristische Kundschaft. Die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen lassen grüßen. Man sieht soviel Armut in den Straßen dieser Stadt, dass es wirklich erschreckt, mich zumindest. Ich habe schon schlimmeres gesehen, also nicht dass es jetzt falsch rüberkommt, es ist bei weitem nicht zu vergleichen mit den Barrios in Mexico wo ich war, oder anderen Städten, aber ich glaube, die meisten Menschen würden unser HartzV-Leben sehr gerne eintauschen.

Vermutlich wird sich jetzt der ein oder andere ärgern weil ich HartzV erwähnt habe, aber es ist nicht so, dass hier die Leute irgendeine soziale Unterstützung bekommen, ausserhalb der Familie und Freunden gibt es nichts. Man verhungert. Punkt.

Autos kosten hier übrigens mehr als bei uns, was bei einem Mindestlohn, den die meisten hier nur verdienen, verdammt viel ist. Bei 12-15 Euro am Tag, ein 21.000 Euro teures Auto zu kaufen, ist nicht wirklich denkbar, darum fahren hier auch viele Motorrad.

Mein freundlicher Taxifahrer hat mir noch gezeigt, wo ich heute nachmittag spazieren gehen kann, um den See herum, einen Teil des Sees hatte ich schon gesehen. Er sagte es ist ein 7 km langer Spaziergang, der sicher ist, weil er von der Polizei überwacht wird und viele Leute hier unterwegs sind. Naja, viele Leute ist was anderes, aber 7 km ist doch gerade was um entsprechend müde zu werden. Einmal um den schönen See herum und man entkommt den Bildern der Armut, die sich rund um den Markt ziemlich intensiv zeigen. Es ist hier richtig friedlich und für eine Stadt fast still, außerdem kann ich mich bewegen, denn morgen geht es wieder mit dem Bus weiter. Der Tag ist wie immer gegen 17:00 oder 17:30 Uhr zu Ende und wenn es dunkel ist, ich einfach ein Feigling bin, mich brav ins Hotel zurück ziehe, dass heißt ich bin zwischen 8:00 und 17:00 Uhr auf den Füßen und den Rest des Tages, bzw. der Nacht verbrauche ich faul im Bett, braucht sich also keiner zu wundern dass ich so viel auf Facebook bin.

Ich pack es nicht. Eben joggen zwei Frauen an mir vorbei, beide mit Maske, hier draussen am See.

Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal ein Schild gesehen zu haben, auf dem verboten war mit dem Gewehr zu schießen. Aber irgendwann ist alles das erste mal. Hier am Lago von Ciudad Villa d'Este wird schießen verboten, nette Information. Schwimmen und fischen übrigens auch.

Was ich auch lustig finde, hier im Park müssen Hunde offiziell einen Maulkorb tragen. In Anbetracht der Unmengen freilaufender Hunde, meiner Ansicht nach eine schwer durchzusetzende Regel, aber gut...

Was mir hier überall immer wieder auffällt sind Geschäfte, Wohnungen, Häuser die wahlweise zu vermieten oder zu verkaufen sind. Hat wohl auch was mit der nicht vorhandenen Kaufkraft der Menschen hier zu tun, dass die Geschäfte einfach pleite gehen und die Leute verkaufen müssen.

Paraguay, freundliche Menschen, Beispiel gefällig? Ich mache gerade ein Photo von etwas auf der anderen Straßenseite, ein Motorradfahrer der kommt und mir ins Bild gefahren wäre, hält an und wartet. Freundliche Menschen eben.

Nachdem mir nach dem Spaziergang rund um den See gefühlt 50 Menschen begegnet sind, haben gefühlt jeder zweite eine Maske getragen, beim walken, joggen, spazierengehen, allein oder mit Freund oder Freundin, sie tragen Maske. Habe einen Paraguayer gefragt, warum das so ist, er hat gesagt, weil sie es wollen, sie haben Angst, es ist nicht verpflichtend, sie wollen draußen freiwillig Maske tragen. Ja, das zeigt doch wie tief und fest die Propaganda gewirkt hat. Es ist unfassbar. Ich fühle mich hier in der Stadt wie unter Zombies.

Heute leiste ich mir ein Abendessen wo? Im Hotel Austria. Ein bißchen schwachsinnig ist das schon, also kommend aus Österreich im Hotel Austria zu essen, aber gute, es ist quer gegenüber und ich möchte mal wieder was richtiges essen, nichts österreichisches, aber es gibt Passionsfruchtsaft und einen Tomatensalat mit Palmito und ein bißchen Fleisch dazu, das ist hier so das Hauptgericht. Ich weiß, meine vegetarischen und veganen Freunde werden wieder schimpfen.

Ich ass gemeinsam mit einem Mann und seinen Kindern. Sie waren der Meinung ich solle nicht alleine sein
Paraguay ist anders.



 
Zum Überblick Blog     

Ich möchte informiert werden, wenn's was Neues gibt:

Meine E-Mail-Adresse: