07.04.2022

 

Eine Woche liegt hinter mir, die ich nicht auf die Schnelle beschreiben kann. Nur mal ein paar Streiflichter, ein paar Impressionen.
 
Als ich in Managua bei Alfred ankam, sagte er mir zur Dusche, dass es kein Warmwasser gäbe. Egal – hauptsache eine Dusche.
Als wir in Rama ankamen, gab es statt einer Dusche mit Duschkopf, ein Rohr aus der Wand. Egal – Hauptsache eine Dusche bei der Hitze.
Als wir auf der Finca in der Communidad Rio Plata ankamen, bestand die Duschmöglichkeit aus einer kleinen Schüssel, mit der man sich Wasser über den Körper kippt. Egal – Hauptsache Wasser bei der Hitze.
Als wir nach Managua zurückkamen – nach einer 6-stündigen Autofahrt – Alfred war gekommen, um uns mit dem Auto zu holen, freute ich mich wie Kind auf die richtige Dusche. Nur leider: kein Wasser. Seit über einem Tag sagt der Neffe.

Tja. Jetzt könnt ihr mir die Daumen drücken, dass es bald wieder kommt. Beim letzten Mal hat es 36 Stunden gedauert. Sagt Alfred. Und das bei 40 Grad.


Mirador de los tres Rios in El Rama - Geradeaus ging es zur Finca.
Letztes Jahr in Paraguay waren mir 17km vom Asphalt entfernt ziemlich anstrengend. Dieses Jahr bin ich weniger fit. Da gönne ich mir 70km vom Asphalt entfernt in Nicaragua – der Besuch der Finca bedeutete nämlich eine vierstündige Bootsfahrt. Upps.

Bei den Stromschnellen war erkennbar, dass der Fluss Niedrigwasser hat. (3 bis 4 Meter unter Winternormal-höhe). Wir haben mehrfach aufgesetzt. Für mich ein Abenteuer, für die anderen Mitfahrer (rund 15-20 – das wechselte) der normale Alltag. Boot ist der lokale Transporter.

Also ich kann mit Fug und Recht behaupten, ich habe eine Gegend jenseits des Tourismus gesehen. Dass ich für die Menschen dort ein anzustarrendes Wesen darstellte, wundert mich nicht. So viele hellhäutige weisse Riesinnen kommen dort wohl nicht vorbei.



Was mich wirklich erschreckt hat. Auf der anderen Seite des Flusses ist ein kleines Dorf. Naja, vielleicht 80 bis 100 häuser – kleine Schule, ganz kleine Geschäfte, eine Kirche. Die Kirche wird mit Stacheldraht vor Dieben geschützt. Wie auch jedes Haus entsprechend umdrahtet ist. Und ich rede nicht von Häusern wie wir sie so kennen. Wellblechhütten der einfachen Art – manche wirklich ärmlichst. Aber alle haben Angst beraubt zu werden. Nicht dass ich mich bis jetzt in Managua, Rama oder auf der Finca bedroht gefühlt hätte. Aber wenn man so vor Räubern gewarnt wird, ist es schwer, eine entspannte Haltung anzunehmen.

Die Lebensumstände der hiesigen Mittelschicht – und dazu gehört die Familie von Alfreds Frau wohl – sind ziemlich einfach. H4- und Notstandshilfe-Empfänger leben dagegen im Luxus (ohne dadurch jemanden diskreditieren zu wollen). Mir geht es immer wieder durch den Kopf, ob bzw. wie wir „fetten, faulen und bequemen“ Europäer mit dieser Lebenssituation wohl klar kommen. Ob wir damit klar kommen werden, nach dem, was sich da wirtschaftlich und geopolitisch abzeichnet. Ich merke, dass ich mich mit einigen schon schwer tue. Ok. Bin halt keine 20 mehr. Egal. In der letzten Woche habe ich mich an einiges gewöhnt. Also weiss ich, dass ich noch ziemlich gut anpassbar bin. Obwohl … das mit der Dusche tut schon weh :-)

Was Gastfreundschaft angeht, haben das – meiner bisherigen Erfahrung nach – nur die Russen getoppt. Wenn man irgendwo hinkommt, steht auf einmal Essen vor dir. Oder was zu trinken. Es scheint schon fast eine Beleidigung nichts anzunehmen. Aber dazu irgendwann später mehr.

Bei der Rückfahrt hielt uns die Polizei an. Alfred hatte eine ununterbrochene Linie überfahren und sollte bestraft werden. Die Bestrafung bedeutet hier aber, dass der Führerschein eingezogen wird, man die Strafe in der Bank einzahlt und nach Zahlungseingang kann man sich das gute Stück wieder abholen. Damit soll Korruption unterbunden werden. Alfred und Juana wollen aber Dienstag zurückfliegen. Heute ist Donnerstag. Das wird VERDAMMT knapp. Er erklärt ihnen, dass er einem Stein ausgewichen sei, bitte und bettelt mit Engelszungen, dass man ihm doch den Führerschein lassen solle, da er doch bald nach Hause fliegen würde …. und der Polizist geht zu seinem Chef und fragt nach. Dieser wird dann ebenfalls ganz freundlich genauso angebettelt und gebeten … und hat ein Einsehen und lässt uns fahren. Schwitz – Ächtz – Glück gehabt.

Stellt euch mal vor, eine dunkelhäutiger Ausländer begeht einen Fahrfehler – ob man den in Deutschland oder Österreich seitens der Polizei auch so freundlich hätte ziehen lassen? Ich habe da so meine Zweifel.

So – das sind die ersten Impressionen der vergangenen Woche. Den Rest habe ich in meinem Tagebuch aus Papier niedergeschrieben und werde es nach meiner Rückkehr irgendwie in Worte fassen.
 
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